An der Brodowin-Schule wurde im Schuljahr 2016/2017 das Förderprojekt “Übergangsklasse” installiert. Es lehnt sich an ein Konzept von Frau Dr. Ulrike Becker an und hat als Ziel, Kindern mit Beeinträchtigungen in ihrer emotional-sozialen Entwicklung und im Lernen innerhalb einer temporären Kleinklasse so zu unterstützen, dass ihnen das Lernen in ihrer Regelklasse möglich ist.
Theoretischer Ansatz / die Kinder
Die Kinder, die in der Übergangsklasse aufgenommen werden, gelten mitunter als nicht beschulbar. Sie werden von den Lehrkräften und Mitschüler*innen als “schwierig” erlebt und machen aufgrund ihrer schweren Beeinträchtigung einen “normalen” Unterrichtsablauf in ihrer Regelklasse oftmals unmöglich. Diese Kinder leiden unter Bindungslosigkeit und Kontakthunger, zeigen dies durch z.T. extreme Verhaltensauffälligkeiten, Gewalt gegenüber Mitschüler*innen und Lehrkräften. Sie brauchen inklusive Unterstützung, Anerkennung und einen “rituellen” Rahmen, um durch feste Strukturen und halt gebende Beziehungen innerhalb der Schule ihre Ängste und Verhaltensmuster zu reduzieren.
Organisation der temporären Lerngruppe “Übergangsklasse”
Die Kinder werden für mindestens 3 Monate bis zu 2 Jahren in die Übergangsklasse aufgenommen. Die Anbindung an ihre Regelklasse bleibt bestehen. Täglich in der 3. und 4. Stunde lernen sie in der Übergangsklasse, werden in Stunde 1+2 regulär beschult. Je nach Möglichkeit nehmen sie in den verbleibenden Stunden 5+6 wieder in ihrer Klasse am Unterricht teil, gehen in eine Jugendhilfeeinrichtung oder nach Hause.
In der Kleinklasse werden maximal 5 Kinder in einem sehr engen Rahmen von 3 Lehrkräften (bzw. 2 Lehrkräften und einem/r Schulsozialarbeiter*in) betreut. Dabei sollen die Begleiter*innen möglichst täglich in der Übergangsklasse sein. Die Arbeit mit diesen Kindern ist hauptsächlich Beziehungsarbeit! Über die Stunden der Übergangsklasse hinaus werden die Kinder in ihren Regelklassen begleitet.
Zusammenarbeit Eltern/Schule/Schulsozialarbeit/Kooperation Schule/Jugendhilfe
Die Förderung im Projekt “Übergangsklasse” rückt Kooperation, Beratung, Anerkennung und Vernetzung in den Mittelpunkt, damit diese zusammenwirken und dadurch die soziale Integration und die Förderung Kinder mit besonderen Bedarfen im Klassenverband ermöglichen. Schüler*innen erhalten so eine äußere Strukturierung des Schulalltags, der ihnen Halt gibt und Grenzen setzt, was eine starke Reduktion der Verhaltenssymptomatik zur Folge hat. Die Eltern werden so einbezogen, dass sie konstruktiv mit der Schule kooperieren und ihre Kinder im Hinblick auf die soziale Kompetenz in der Schule stärken lernen. Die Bezugspersonen Lehrer*in und Erzieher*in erhalten Unterstützung im System Schule, sodass sie die Schüler mit dieser Unterstützung unterrichten können.
Die Vernetzung erfolgt durch:
- Lehrerberatung (wöchentliche Absprachen, bei Problemen tägliche Rückmeldung)
- Elternberatung (Elterngespräche monatlich, einmal im Schuljahr Hausbesuch)
- Integration in den Klassenverband (u.a. Begleitung der Kinder im Regelunterricht)
- temporäre Lerngruppe „Übergangsklasse”
- Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe
Die Begleiter*innen der Übergangsklasse erarbeiten mit den Kindern lang- und mittelfristige Ziele und unterstützen sie bei der Arbeit an diesen. Sie stehen zusätzlich zur ÜK stundenweise für die Unterstützung im Unterricht der Regelklasse zur Verfügung, vernetzen das Helfersystem und führen regelmäßig Gespräche mit allen beteiligten Personen durch.
Dazu gehören z.B.:
Eltern, Schulpersonal, Jugendamt, KJPD, Therapeuten, soziale Gruppen, Eltern‑, Kind‑, Gespräche u.ä.
Sie unterstützen die Umsetzung der vereinbarten Ziele auch in der Regelklasse.
Die Pädagog*innen besuchen einmal im Schuljahr die Familie zu Hause.
Lernstruktur
Die 2 Schulstunden (90 Minuten) sind in ein festes, zeitliches Konzept gebunden.
Tagesplanung | |
10 min | Ankommen, Tages- und Konfliktbesprechung, kleines Frühstück |
15 min | Gruppenarbeit, Spiele zum sozialen Lernen |
30 min | Individuelle Arbeit in den Lernbüros Wochenplanarbeit in Anlehnung des Unterrichtes in der Regelklasse |
25 min | kreative Phase, künstlerisches Arbeiten |
10 min | Auswertung, Zielbesprechung |
Die Kinder stellen, unterstützt von den Begleitern, Regeln zum Verhalten auf und jeder einzelne hat sich ein persönliches Wochenziel gesetzt. Für die Einhaltung der Regeln und das Arbeiten am eigenen Ziel gibt es täglich Punkte. Die Kinder lernen, ihr Verhalten zu reflektieren.
Der Klassenraum
Die besondere Einrichtung des Raumes der Übergangsklasse entspricht den speziellen Bedürfnissen des Unterrichtes. Jedes Kind hat ein eigenes “Lernbüro” (als Rückzugsbereich), für das sie bestimmen können, wer dieses Büro betreten darf. Für die Gesprächs- und praktische Phase gibt es Gruppentische.
Die Teilnahme an der Übergangsklasse wird bei Fortschritten schrittweise reduziert. Dabei werden Versuche der Schüler*innen, in ihre Regelklasse zurückzukehren, generell bestärkt und unterstützt. Die Rückführung in die Regelklasse erfolgt zunächst tageweise und in Absprache mit dem Netzwerk. In dieser Zeit bleibt das Lernbüro des/ Schülers/ in erhalten, um eine Rückkehr bei Rückfällen zu ermöglichen.